DomainRecht - Gattungsdomains | |||
Rechtsanwältin Andrea Münzebrock - Saarbrücken - Mai 2000 | |||
Nachtrag > 1.7.2001 - Die Mitte des Jahres 2000 veröffentlichte Meinung der Autorin wurde mittlerweile durch den Bundesgerichtshof bestätigt, der die Registrierung von "Gattungsdomains" als die legale Wahrnehmung eines sich bietenden Wettbewerbsvorteils beurteilt, soweit der Registrar dieser Gattungsdomains nicht - z.B.- weitere die Gattung beschreibende Domains hält, um so den Wettbewerb zu verhindern | |||
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Sommer
1999. Ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgericht (Aktenzeichen 3 U
58/98) sorgt für weitere Konfusion in der ohnehin verunsicherten
Internetgemeinde. „Mitwohnzentrale.de“ (nicht: Mitwohnzentralen!) sagt
das Gericht ist ein Gattungsbegriff der geeignet ist zu einer
wettbewerbswidrigen Kanalisierung der Kundenstöme zu führen. Eine
Bestätigung des Hamburger Urteils wird eine Flut von Prozessen nach
sich ziehen. Die Inhaber von klassischen Gattungsbegriffen wie „Reise“-
„Auto“- „Blumen“-„Bücher“- etc. wird es als Erstes
erwischen. Irgendwann müsste ein Gericht darüber entscheiden ob eine
Domain wie „haus-und-grund-und-recht.“ noch zu den Gattungsbegriffen
zu zählen ist. Eine
Bestätigung des Mitwohnzentraleurteils wird eine Menge Fragen
aufwerfen. Dürfen
Gattungsdomains weiterverwandt werden und wenn Ja von wem? Könnten
Inhaber von Namengattungsdomains diese anderweitig nutzen? Könnte
ein Herr Gert Blumen unter blumen.de/com/net/ Prosa anbieten und für
europa.blumen.de/com/net/org werben? Sind Singularbegriffe wie Auto,
Buch, Lampe Gattungsbezeichnungen? Ein
Begriff wie Sex ist weltweit unter jeder Topleveldomain registriert. Die
ersten Ansätze gibt es bereits und schon bald wird es die ersten
Browser geben, die bei Eingabe einer Domain alles aufzeigen, was unter
dem jeweiligen Begriff weltweit registriert ist. Die Eingabe von sex
wird hunderte von Ergebnissen bringen. Der Nutzer kann sich aussuchen
wohin er will. Sex in Russland unter sex.ru oder lieber Sex aus USA
unter sex.us? Findige
ausländische Anbieter werden eine hier entstehende Lücke mit Domains
wie Buecher.ca oder Auto.tv rasch schließen. Auf diesen nach deutschen
Recht kaum zu fassenden ausländischen Domains werden sich viele derer
finden, denen Gattungsdomains heute ein Dorn im Auge sind. Klingt
alles etwas konfus? Oder „Banane“ wie mache sagen, wenn sie verrückt
meinen? Die
Autorin hat nachgeschaut und tatsächlich - „banane. de“ war
eingetragen und aktiviert! Eingabe!
w-w-w-.-b-a-n-a-n-e-.-d-e – enter. Das
T dreht sich, die Spannung steigt. Lande ich jetzt bei einem Obsthändler
der mich kanalisierend einem Kundenstrom zuführt? Erfahre
ich etwas über die Historie der Banane? Vielleicht gibt es sogar eine
Firma oder Person mit dem Namen „Banane“. Lustig – wenn die dann
auch noch mit Bananen handeln würden! Könnte aber auch ein
Linkparkplatz zu einem Sexanbieter sein, wie mir dies unter „Bussgeldkatalog“
passiert ist. Ich musste den Computer ausschalten um aus der Sexseite
wieder rauszukommen. Hat mich echt verärgert! Gottseidank!
Keine Umleitung zu american sex. Is aber auch nix mit Bananen. „Banane.de
ist ein netter Linkmix, der mich u.a. zu Big Brother bringen würde,
wenn ich wollte. Ich will aber nicht und klick – bin ich weg! Wurde
ich jetzt getäuscht? Bin ich jetzt enttäuscht? Ich
bin es nicht! Schon
in den ersten zwei Stunden im Internet hatte ich begriffen, dass ich
hinter vielen Domainnamen nicht das erwarten kann was ich
hineininterpretiere. Nur die ganz dreisten Irreführungen wie das eben
schon erwähnte Bussgeldkatalog ärgern mich. Bestätigt
sich die Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichts könnte
Banane ein Gattungsbegriff sein. Bananen oder anderes Obst werden nicht
offeriert. Scheidet ein Wettbewerbsverhältnis zu einem Frischwarehändler
also aus? Ist ein Linkmix unter „Banane“ eine Irreführung des
Verbrauchers? Hat möglicherweise der Händler mit dem blauen Siegel
Anspruch auf „Banane“, weil er wesentlich dazu beigetragen hat, dass
„Banane“ im wesentlichen Teilen der Bevölkerung bekannt wurde. Hat
Bert Banane Namensrechte und will unter „Banane“ möglicherweise
Gebrauchtwagen anbieten? Noch
vor einem Jahr hätte sich kaum jemand für eine Domain wie
„Banane“, die hier nur stellvertretend für viele als Beispiel
herangezogen wurde, interessiert. Das Internet erlebt einen Boom, die
Ausssicht auf fette Gewinne weckt Begehrlichkeiten – gut merkbare
Begriffe werden rar. „Bahnhof“
wird von der Bahn beansprucht. Aufgepasst Matthias – mit etwas
Fantasie und verspaetung.de ließe sich so manche lukrative Präsentation
erstellen! Deutschland
ist keine Insel und niemand hat einen gesetzlich verbrieften Anspruch
auf eine Parzelle auf dem „Sechsten Kontinent“. Was anderenorts der
Wettbewerb reguliert, sollen hier oftmals verständlicherweise überforderte
Juristen unter Zuhilfenahme eines teilweise antiquierten
Wettbewerbsrecht zu aller Zufriedenheit feststellen. In der Beschränktheit
der Namensauswahl liegt es begründet, dass namensähnliche Begriffe wie
„baumschule“ und „baum-schule“ jeder für sich seine
Existenzberechtigung hat. Die Internationalität des Internet ist mit
dem deutschen Wettbewerbsrecht nur schwer zu fassen. Neue
Topleveldomains sollen und werden Abhilfe schaffen. Wer wird in
absehbarer Zeit noch unter „vallendar.de“ suchen, wenn Infos über
die Stadt Vallendar gewünscht sind?
Informationen werden unter „vallendar.info“ oder „heidelberg.info“
vermutet werden. Wer
hat etwas gegen Gattungsbegriffe, bzw. „beschreibende“ Domains? Der
Verbraucher sicher nicht. Dieser ist froh, wenn er unter einer
„Gattungsdomain“ das findet, was er sich erhoffte zu finden. Bleiben
eigentlich nur die, die gerne eine hätten, aber keine mehr kriegen –
die „Zuspätkommer“. Aufgrund fehlender
kaufmännischer Weitsicht drohende
Wettbewerbsnachteile sollen nun, so darf zumindest in Einzelfällen
vermutet werden, unter Zuhilfenahme der Gerichte korrigiert werden. Eine
absolute Verjährung in Teilbereichen des Wettbewerbsrechts wäre wünschenswert.
Die allzu gängige Praxis das Tun eines Mitbewerbers zunächst zu
beobachten und – sollte dieses erfolgreich sein - die Gerichte
anzurufen hätte ein Ende. Solange
jedoch der Gesetzgeber, die obersten deutschen und europäischen
Gerichte nichts anderes sagen, sind die Richtersprüche auf Grundlage
des „aktuellen“ Wett- bewerbsrecht zu akzeptieren. Es wird also
weitergehen wie gehabt. Endgültig untersagte Handlungen werden so
ersetzt, dass es - wenn
auch in leicht veränderter Form -
weitergehen kann. Wiederum werden die Gerichte angerufen werden,
usw., usw.. Auch dieser Zug kommt nicht zum Stehen. |
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