MarkenRecht + Domainrecht - WettbewerbsRecht
  Rechtsanwältin Andrea Münzebrock - Saarbrücken  - August 2000  
     
  Rechtsberatung Markenrecht > Rechtsrat per eMail und/oder Telefon = www.e-juristen.de
   
 

Frühstück im „Webspace“

Würde man den rechtlichen Ratschlägen diverser Internetzeitschriften + juristischen Beratern im Internet folgen, wäre es -  um garantiert auf der rechtlich sicheren Seite zu sein - ratsam sich Domains zu registrieren die  a) sich kein Mensch  merken kann und b) für die sich garantiert kein Zweiter in den nächsten 10 Generationen interessiert.

Die Urteile diverser Gerichte aus der Vergangenheit interpretierend, könnte angenommen werden, dass mittlerweile so etwas wie Rechtssicherheit herrsche. Dem ist jedoch keineswegs so.

Urteile die durch Versäumnis, Vergleich oder Anerkennung zustande kamen taugen zur Beurteilung einer Rechtslage wenig bis nichts. In weiteren vielen Fällen ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen. Und auch in Fällen die bereits rechtskräftig sind, bedeutet das Rechtskräftigsein dieses Einzelfalles keineswegs, dass dasselbe Gericht oder ein anderes in einem ähnlichen Fall gleichlautend entscheiden würde.

So wurde vom LG/OLG (?) München entschieden, dass bereits der Eintrag einer Domain einen Unterlassungsanspruch des Marken-Namensinhabers begründet.

Der Autorin sind die Besonderheiten dieses Einzelfalles nicht bekannt. Als Grundlage für einen pauschalen Unterlassungsanspruch in diesen oder ähnlichen Fällen taugt der Grundtenor – Eintragung eines Markennamens, Verwendung von Teilen eines Markennamens oder Markenname als Teil einer Domain gleich Wettbewerbsverstoss – keineswegs.

Auch ein eingetragener Markenname ist kein Allroundschutz.

Das Markenrecht gewährt primär Rechtschutz die Warenklassen für die die Marke eingetragen wurde.

Ganz entscheidend ist:

a)   wie prägnant die Marke ist,

b)   wie sie innerhalb des Domainnamens dargestellt ist  

c)   was der Domaininhaber beabsichtigt mit der Domain  anzustellen 

Zwar bejaht das Wettbewerbsrecht einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch, wenn ein zukünftiger Wettbewerbsverstoss absehbar ist, dies bedingt jedoch, dass Anzeichen dafür vorliegen, dass der „Störer“ beabsichtigt mit dem Gestörten in irgendein Wettbewerbsverhältnis zu treten.

Ohne Wettbewerbsverhältnis kein Unterlassungsanspruch nach dem Wettbewerbsrecht.

Die Autorin kann nur vermuten, das dem Behaupten eines Wettbewerbsverhältnisses allzuoft nicht explizit widersprochen wird + das Behauptete deshalb als zugestanden gilt. Grundgedanke des Wettbewerbsrecht ist, dass sich ein unrechtmässig Verhaltender   Vorteile und somit den Mitbewerbern Nachteile verschafft.

Sie als Metzger haben also keinen Unterlassungsanspruch, wenn ihr Nachbar der Bäcker sich unlauter verhält und damit sämtliche Bäcker der Stadt schädigt. Aber auch der Bäcker aus einer weit entfernten Stadt hat keinen Unterlassungsanspruch, wenn zwischen diesem und ihrem Nachbarn kein Wettbewerbsverhältnis besteht.

Die Anektdote von den vier Schneidern aus einer Strasse veranschaulicht auf amüsante Weise die Probleme des Wettbewerbsrechts.

Um sich von seinen Mitbewerbern abzugrenzen wählt Schneider 1 den Slogan: „Bester Schneider in der Stadt“. Der zweite zieht nach mit: „Bester Schneider des Landes“. Der Dritte kontert mit: „Bester Schneider der Welt“ Bescheiden wie er ist, wählt Schneider 4 den Slogan: „Bester Schneider in der Strasse“. 

Wettbewerbrechtliches Chaos pur!

Ein weiteres Argument – seit Internet - oft zur Bejahung eines Wettbewerbverhältnisses herangezogen -  ist die weltweite, also auch deutschlandweite Abrufbarkeit + Erreichbarkeit von Domain + Domainnamen.

Übersetz heisst dies – besteht die Möglichkeit das ein potenzieller Kunde von Anbieter A aus Y in Kontakt mit Anbieter B aus Z kommen könnte, besteht auch automatisch ein Wettbewerbsverhältnis.

Seit der Erfindung des Telefons, nationaler + internationaler Telefonauskünfte ist dies jedoch auch schon so. Ein Wettbewerbsverhältnis wurde jedoch von der Rechtsprechung bisher nur dann bejaht, wenn ein Anbieter um Kundschaft buhlend im Absatzgebiet eines Mitbewerbers werbend auftrat.

Schlusszufolgern, dass ein Anbieter mit der Einrichtung einer Domain + Präsenz im Internet automatisch kundtut mit aller Welt in Wettbewerb treten zu wollen ist sehr abenteuerlich und rechtlich nicht zu bejahen.

Die durch das Internet zwangsläufig gegebene theoretische Begehungsgefahr genügt zur Bejahung eines Wettbewerbsverhältnisses und daraus resultierender Unterlassungsansprüche nicht. Grundlage eines Unterlassungsanspruchs kann nur ein tatsächliches Geschehen sein, d. h., ein sich gestört Fühlender muss, um einen Unterlassungsanspruch zu haben nachweisen, dass der vermeintliche Störer tatsächlich an Umsatzkuchen zu knabbern versucht.

„Webspace“ machte allgemein Furore. Was war passiert? Da hatte sich jemand webspace als Marke eintragen lassen und unter Berufung auf das Markenrecht nahezu alles abgemahnt was die Bezeichnung benutzte. Einigen Abgemahnten fuhr der Schreck in die Glieder, die Unterlassungserklärungen wurden unterschrieben, die Anwaltskosten bezahlt.

Mahnbescheide und Unterlassungserklärungen haben eines gemeinsam - auch wenn es keine Rechtsgrundlage gibt – wer akzeptiert hat Pech gehabt. Das mag ungerecht sein, aber der Gesetzgeber geht nun mal von mündigen Bürgern aus.

Ein etwas schwereingängiges Urteil beendete dann die Karriere von Webspace als Marke. Das Gericht bejahte, dass Webspace am unteren Ende der Rechtsschutzscala rangiere – dies aber gilt auch für viele noch eingetragene Marken, darunter auch die einiger  Computer- und Internetzeitschriften – und warf dem Markenamt mangelnde Weitsicht vor.

Grund für die Löschung von Webspace dürfte jedoch weniger die mangelnde Weitsicht des Markenamtes gewesen sein,  als vielmehr die grosszügige Auslegung des Markenrechts durch den oder die Inhaber der Marke.

Trotzdem dürfte einer Wiedereintragung von Webspace als Marke nichts im Wege stehen, zum Beispiel in der Warenklasse 42  – Bewirtung von Gästen mit Speis und Trank. Damit wäre Webspace deutschlandweit für den Gastronomiebereich gesichert und eine Fremdnutzung in gleicher Warenklasse von der Zustimmung des Markeninhabers abhängig.

Frühstück im Webspace (registriertes Warenzeichen) ist also durchaus denkbar.

Statt Ratschlägen wie: „Tun Sie das nicht“ – „Vermeiden Sie jenes“ zu befolgen, rät die Autorin – sollten Sie beabsichtigen eine Domain einzutragen oder eingetragen haben, die möglicherweise Anlass zu Streitigkeiten bietet, gehen Sie auf die Kontrahenten in spe zu. Sollten Sie eine Domain (beispielsweise!) otto-online.de/com/net/org (gibts die?) haben, hat möglicherweise weder das Versandhaus, noch der Komiker etwas einzuwenden, wenn Sie unter Ihrer Präsenz nichts veranstalten was dort schaden könnte. Und wenn Sie dann noch auf Ihrer Homepage (gestattete) Weiterleitungen – „zu Otto Walkes hierlang“ – „zum Ottoversand hierlang“ – schalten, habenSie gute Karten in Ruhe arbeiten zu können.

Ansonsten gilt – nicht jeder der abmahnt ist auch im recht und wer offentsichtlich ungerechtfertigt abmahnt macht sich schadensersatzpflichtig und kann wiederun auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

 

 
  < Zurück zum Index - Wettbewerbsrecht
   
  Zurück zum Index - Suche Rechtsanwalt | Index - Anwaltsuchdienst